Antwort auf den 4. und 5. Brief:                 Raeren, den 27. Februar (Fasten - Montag) 1865

 


Mein lieber Hermann!

 

   Nicht im geringsten konnte ich es Dir verdenken, wenn Du mich als einen unstichhaltigen Freund bezeichnen würdest, indem ich Deinem Schreiben vom 7. Dez. vorigen Jahres gar keine und dem vom 7. Februar dieses Jahres eine so sehr lange verzögerte Antwort habe zukommen lassen. Doch ich hoffe, Du wirst mit meinem guten Willen fürlieb nehmen, wenn Du erwägest, daß ich statt aller anderen Erlustigung es vorziehe meine Pflicht Dir gegenüber nachzukommen, wenn auch nur mit wenigen Worten. Wie gerne ich auch dieses vor Fastnacht gethan und Dich zu einem Besuche bei mir beschieden hätte, weil ich von Hubert Franken vernahm, daß auf Roetgen nichts von Musik gehalten werde, so war mir solches schriftlich zu vollbringen doch ganz unmöglich.  

   So viele einzelne Punkte ich nun auch aus Deinem so langen, langen Briefen Deines Reiseberichtes hervorzuheben hätte, so beschränke ich mich für heute abend darauf, dieses auf ein anders Mal hinaus zu schieben, weil noch so unendlich viel Lesens vor mir liegt; denn ich brauche Dir nur zu sagen, daß mir eben jetzt vor Anfang dieses Briefes die zwei letzte Faxe. Der „Montjoier Geschichte“ unaufgeschnitten in die Hände kamen. Doch bei allem Rückstande bedaure ich,  daß am Ende Deines letzten Schreibens sich mir der Anschein aufdrängt, daß ich von Deiner Reise nicht mehr so viel zu erwarten habe, wie mir bis jetzt zugekommen ist, indem Du es mit der Rückreise schon bis Simmerath gebracht hast, ist der Umstand, daß bloß das Bedürfnis der Ruhe über Nacht Deiner Feder einen kleinen Aufenthalt gibt, und daß dann langsamer Weise noch recht viele durchgemacht wird. Natürlich setze ich voraus, daß nicht der geringste Verdruß oder Schwierigkeit Deinerseits damit in Verbindung steht.

   Auch ein wenig Neues, lieber Freund, in Betreff meiner Lektüre! Seit Neujahr beziehe ich die „Rheinischen Volksblätter“ von Adolph Kolping, welches Wochenblatt mir sehr zusagt und mich kürzlich zur Anschaffung eines anderen Werkes veranlaßt hat, nämlich die „Convention vom 15. Sept. und die Enciclica vom 8. Dez., von Dupanloup, Bischof von Orleans; aus dem Französischen übersetzt von Franz Thalhaus.“ Bei meinem großen Gefallen an den „Stolz`schen Schriften“ bin ich gesonnen, die Dir noch von diesem Verfasser fehlenden Werke anzukaufen und sie dann gegen eine Bürde Deiner Bücher auszutauschen, wobei Du aber Verstand gebrauchen und mir keine solche Last auflegen mußt, daß ich am Ende vielleicht darunter erdrückt würde. Ich denke, Du wirst bei dem Überlegen dieses einmal darüber schlafen; deshalb wünscht Dir eine angenehme Ruhe und erwartet baldige gute Antwort, Dein jedenfalls ergebener Freund,

                                                                                                          Johann Peter Pesch.