Auch Ungereimtheiten in Stein gemeißelt
Aus Aachener Zeitung Nr. 180, vom 6.8.2013, Seite 13, Fotos: P. Stollenwerk
Das zerstörte Offermannkreuz bei Fringshaus wurde originalgetreu wieder hergestellt.
Aufstellung findet am 22. August statt.
Auf Pergamentpapier wurde die Inschrift des alten Offermannkreuzes übertragen.
Nur noch ein Fragment: Das alte Offermannkreuz.
Eine gelungene Arbeit: Steinmetzin Renate Pelzer hat das Offermannkreuz in der Werkstatt
von Karl Goffart originalgetreu wieder hergestellt. Auch kleine Ungereimtheiten wurden
übernommen. Fotos: P. Stollenwerk
Roetgen. Das im Winter 2012/2013 zerstörte Offermannkreuz bei Fringshaus wird wieder
errichtet. Am Donnerstag, 22. August, möchte der Heimat- und Geschichtsverein Roetgen
(HeuGeVe) eine Replik des Denkmals an alter Stelle an der B 258 unterhalb von Fringshaus
wieder aufstellen. Geplant ist, dass alle Interessenten sich an diesem Tag um 16 Uhr auf dem
Parkplatz bei Fringshaus treffen. "Diese Aktion wurde nur möglich gemacht durch eine
überwältigende Spendenbereitschaft", freut sich HeuGeVe-Geschäftsführer Rolf Wilden.
Wenn man die Spenderliste betrachte, so erkenne man, dass es sich bei diesem Projekt um
eine Gemeinschaftsaktion aller Heimatfreunde im alten Monschauer Land handele. "Es zeigt
sich, dass die Verbundenheit zur angestammten Heimat und deren Geschichte sich nicht nur
auf die erst kürzlich entdeckte Liebe zu alten Autokennzeichen beschränkt, sondern dass
viele bereit sind, sich auch persönlich einzubringen." Dies, betont Wilden, sei umso wichtiger
und bemerkenswerter, da die staatlichen Stellen in Belgien und Deutschland offensichtlich
nicht bereit oder in der Lage seien, für solche Aktionen Geld auszugeben.
Erinnerung an ein Verbrechen
In einem weiteren Schritt werde nun mit den belgischen Behörden eine Lösung für die
Restauration des Original-Offermannkreuzes und dessen Verbleib gesucht. Durch die starke
Zerstörung war es nach Auskunft der Fachleute nicht mehr möglich, es den widrigen
Verhältnissen im Venn erneut auszusetzen.
Das Offermannkreuz erinnert an ein Verbrechen, das am 13. August 1774 verübt wurde und
in der Heimatliteratur des ehemaligen Kreises Monschau mehrfach beschrieben wurde (s.
Box).
Während des zurückliegenden Winters 2012/13 stellten aufmerksame Beobachter fest,
dass das Kreuz nicht mehr an Ort und Stelle stand, sondern in Einzelteilen zerstört am
Boden lag. Nach der Schneeschmelze wurde das Kreuz vom Heimat- und
Geschichtsverein Roetgen dann unter die Lupe genommen.
Die Ursache für die Zerstörung konnte bis heute nicht eindeutig geklärt werden. Nach
Einschätzung von Fachleuten ist das knapp 240 Jahre alte Kreuz durch einen Frostschaden
zerstört worden. Möglich ist aber auch, dass das Blausteinkreuz bei Holzrückarbeiten auf
belgischer Seite Schaden genommen hat.
Für den Roetgener Heimat- und Geschichtsverein aber stand von Beginn an fest, dass die
Gedenkkreuz-Fragmente nicht ihrem Schicksal überlassen werden sollten. Unter
Hinzuziehung von Steinmetz Karl Goffart aus Kalterherberg kam man überein, dass das alte
Kreuz zwar so gut es geht wieder hergerichtet werden solle, es aber wenig Sinne mache, das
Fragment erneut aufzustellen.
Stattdessen sollte eine möglichst exakte Kopie des Originalkreuzes hergestellt werden. Diese
Replik nahm nun in der vergangenen Woche in der Imgenbroicher Werkstatt von Karl Goffart
Gestalt an. Zu 100 Prozent baugleich ist die 60 Kilogramm schwere Kopie aus belgischem
Granit.
Zufrieden betrachtet Steinmetz Renate Pelzer ihre Arbeit. Sie ist seit 1998 im Betrieb und
übernahm die Aufgabe, das neue Kreuz herzustellen: "Das ist schon eine Arbeit etwas außer
der Reihe, die viel Kleinarbeit erfordert."
Eine besondere Herausforderung
Zum krönenden Abschluss werden jetzt noch Inschrift und Ornamente mit Hilfe von Pressluft
in das relativ weiche Gestein eingearbeitet. Diese Arbeit wird rund eine Woche dauern. Die
Schrift ist auf Pergament-Papier vom alten Kreuz übertragen worden. Die alte Inschrift ist
nicht immer flüssig, es gibt unterschiedliche Abstände, einige Ungereimtheiten und
möglicherweise auch Fehler, ist doch der Name Offermann beispielsweise als Offerman
eingraviert worden. Verändert wird aber nichts. Auch die in Stein gemeißelten
Ungereimtheiten werden zu 100 Prozent übernommen. "Diese alte Art zu arbeiten ist schon
eine besondere Herausforderung", erzählt Renate Pelzer.
Ein Ornament in der Spitze des alten Kreuzes (wahrscheinlich soll eine Sonne dargestellt
werden) wurde erst beim zweiten Hinschauen entdeckt und wird jetzt zu neuer Strahlkraft
gelangen.
Das alte Kreuz ist zu 90 Prozent wieder hergestellt worden. Etwa ein Dutzend größere
Einzelteile wurden gesichert und wie ein Puzzle verklebt. Das alte Kreuz soll ebenfalls einen
würdigen Platz erhalten. Die Überlegungen gehen dahin, es in der Kapelle Reinartzhof
auszustellen. (P. St.)
"Auf diese Platz jämmerlich ermordet worden"
Der Roetgener Dorfchronist Hermann Josef Cosler hat wie folgt über das Offermannkreuz
berichtet: "Am 13. August 1774 wurde am alten Montjoier Wege, oberhalb Roetgen, ein
Fuhrmann aus Witzerath, Cornelius Offermann, auf offener Straße und am hellen Tage
ermordet und seines Geldes beraubt. Eine halbe Stunde zuvor war er mit seinem Karren hier
durch das Dorf gekommen und hatte schlafend auf dem Karren gesessen. In diesem Zustand
hat ihn der Mörder wahrscheinlich angetroffen und dadurch eine leichte Arbeit mit ihm gehabt.
Die Stelle, an der die Tat geschah, wurde mit einem steinernen Kreuz gekennzeichnet, das
jedoch später an der neuen Landstraße, unterhalb Fringshaus, hingestellt worden ist, wo es
noch jetzt (1864) steht. Folgende Inschrift ist eingraviert: IHS Ano 1774 den 13. August ist der
Cornelyus Offerman von Witzerath auf diese Platz jämmerlich ermordet worden.
G.T.D.L.S.A."
Der Tatort des Verbrechens war also an der alten Montjoier Straße, die in Richtung
Monschau gesehen weiter rechts lag. Die heutige Bundesstraße bei Fringshaus gibt es
erst seit 1819. Relativ kurz nach der Fertigstellung der Aachen-Trierer Landstraße durch
die Preußen muss das Kreuz also auf den jetzigen Standort umgesetzt worden sein.